Frühe Hilfen

Das Konzept der frühen Hilfen fällt in den Bereich der Prävention. Aus der Präventionsforschung ist bekannt, dass sich frühzeitige Unterstützungsangebote für belastete Familien langfristig äußerst positiv auf die Entwicklung des Kindes und der Familie und auch auf die Verhinderung eines möglichen späteren dissozialen Verhaltens auswirken. Finanzielle Investitionen in diesem Bereich zahlen sich in gesamtgesellschaftlichen Langzeitbetrachtungen um ein Vielfaches aus.

Dem wurde mit dem von der Bundesregierung 2007 initiierten Aktions-programm „Frühe Hilfen für Eltern und Kinder und soziale Frühwarnsysteme“ Rechnung getragen, indem das „Nationale Zentrum für Frühe Hilfen“ gegründet wurde (www.fruehehilfen.de). „Frühe Hilfen“ finden sich auch als zentraler Handlungsansatz im 2012 in Kraft getretenen neuen Bundeskinderschutzgesetz wieder.

Frühe Hilfen sollen Entwicklungsmöglichkeiten von Kindern von 0–3 Jahren frühzeitig und nachhaltig verbessern (vgl. www.fruehe-hilfen. de). Frühe Hilfen wenden sich zum einen an alle Eltern im Sinne der Stärkung der Erziehungskompetenz und der Förderung eines gesunden Aufwachsens. Zum anderen wenden sie sich an Familien in Problemlagen. Damit sollen Risiken frühzeitig erkannt und durch gezielte Unterstützungsangebote reduziert werden.

Im Konzept der frühen Hilfen spielt die Kooperation und Koordination von verschiedenen Einrichtungen eine zentrale Rolle. Angebote aus den Bereichen Schwangerschaftsberatung, dem Gesundheitswesen, der Frühförderung, der Kinder- und Jugendhilfe sollen dabei ineinandergreifen. Eine Schlüsselrolle spielen nach dem neuen Bundeskindergesetz dabei die Familienhebammen, die über ihre Besuche vor Ort nahe an den Familien sind und deshalb auch eine koordinierende Funktion haben. Diese reicht jedoch erfahrungsgemäß kaum über das erste Lebensjahr des Kindes hinaus.

Zentren für frühe Hilfen bieten inzwischen vielfältige Unterstützung und Qualifikation an. Die Umsetzung geschieht auf Länder- und kommunaler Ebene. Eine 2012 durchgeführte Umfrage des Nationalen Zentrums frühe Hilfen bei Jugendämtern über den Stand der Umsetzung kommt zu dem Ergebnis, dass die Steuerung und Koordination der frühen Hilfen zu ca. 80 % bei den Jugendämtern (neben Gesundheitsämtern und freien Trägern) liegt (NZFH 2012). Die Netzwerkstrukturen für frühe Hilfen sind im Aufbau und sind oft identisch mit denen des allgemeinen Kinderschutzes. Die Angebote liegen sowohl in der Primärprävention, als auch bei Hilfen für Familien in belasteten Lebenslagen. Dabei werden zu 90 % Hilfen angeboten, bei denen Familien im häuslichen Umfeld aufgesucht werden. 90 % der von Jugendämtern genannten Kooperationspartner sind Familienhebammen, die auf Honorarbasis tätig sind.

Inobhutnahmen 2012
Im Jahr 2012 haben die Jugendämter in Deutschland 40.200 Kinder und Jugendliche in Obhut genommen. Davon 6.583 Kinder unter sechs Jahren. Das waren insgesamt 1.700 oder 5 % mehr als 2011. Mit einem Anteil von 43 % (17.300) Kinder und Jugendliche war die Überforderung der Eltern bzw. eines Elternteils der häufigste Anlass für die Inobhutnahme. (Statistisches Bundesamt 2013, S. 6, 11)

 

 Angebote und Maßnahmen der Kommunen (durch das Jugendamt) in Prozent

Begrüßungsschreiben/Informationsangebot zur Geburt 71
Schwangerschaftsberatung für werdende Eltern 92
Gruppenangebote für Eltern mit Säuglingen und Kleinkindern 94
Elternkurse/-schulen/-seminare 96
Anlaufstelle am Jugendamt für Familien mit Säuglingen 73
Erstbesuch nach der Geburt (mit päd. Fachkräften) 49
Erstbesuch nach der Geburt mit Laien bzw. Ehrenamtlichen 20
Aufsuchende Angebote im 1. Lebensjahr durch Hebammen 75
... durch Kinderkrankenschwestern 30
... durch (Sozial-)Pädagoginnen 58
... durch Familienpatinnen (Laien) 43
... durch Haushalts-/Familienpflegerinnen 38
Beratung für Eltern mit Säuglingen und Kleinkindern (z. B. Babysprechstunde, Elternsprechstunde, Schreiambulanz) 80
„Geh-Struktur“-Angebote 44
„Komm-Struktur“-Angebote 66
(NZFH 2011, S. 10 f.)

 

Wer arbeitet im Bereich des Kinderschutzes?

  • Eltern: Primär verantwortlich für die Entwicklung ihrer Kinder und der Abwehr von Gefahren.

  • Jugendämter: Hoheitliche, steuernde und planende Aufgaben. Vereinbarungen nach § 8a Abs.4 SGB VIII mit den freien Trägern der Jugendhilfe.

  • Familiengericht: Wird bei Verdacht auf Kindeswohlgefährdung von Amts wegen tätig (§ 1666 Abs. 3 BGB).

  • Freie Wohlfahrtsverbände und freie Träger der Kinder- und Jugendhilfe: Praktische Durchführung von Aufgaben der Jugendhilfe.

  • Polizei: Aufgaben der Gefahrenabwehr und der Strafverfolgung.

  • Strafjustiz: Verfolgung und Ahndung strafbarer Handlungen, die eine Kindeswohlgefährdung darstellen.

  • Kindertagesstätten: Wahrnehmung von und unmittelbares Handeln bei Anhaltspunkten für eine Gefährdung oder Beeinträchtigung des Wohls eines Kindes.

  • Gesundheitsbehörden: Informieren und Beraten zur gesundheitlichen Prävention. Ferner führen sie Einschulungsuntersuchungen durch.

  • Kinderschutzorganisationen wie der „Deutsche Kinderschutzbund“, UNICEF oder die „Deutsche Liga für das Kind“ verstehen sich als Anwälte von Kindern, achten auf die Einhaltung von Kinderrechten und weisen auf kollektive Problemlagen hin.

Für einen gelingenden Kinderschutz müssen diese Einrichtungen nicht nur formal zusammenarbeiten, sondern gut kooperieren. Sie sollen u.a. in einen Austausch über die jeweiligen Arbeitsbereiche und institutionellen Strukturen eintreten, eine Verständigung über Risikofaktoren und Kriterien von Kindeswohlgefährdung ermöglichen oder auch Verabredungen von Direktkontakten in Akutfällen beschleunigen (vgl. Baden-Württemberg 2009). Damit Kooperationen gelingen, sind jedoch bestimmte Voraussetzungen notwendig. Wer kooperiert, muss etwas von der Kooperation wollen und etwas davon haben. Es sind Vorleistungen an Zeit und Geld notwendig und ebenso die Bereitschaft, Kompromisse einzugehen (vgl. Herwig-Lempp 2012, S. 116).

Gewaltprävention und Kindeswohlgefährdung in Voschule und Kindergarten

 

Denken über Zuständigkeiten hinaus
Der Wohlfahrtsstaat, der stärker als bisher auf Beeinträchtigungen des Kindeswohls achtet, ist gegenüber Erziehungsleistungen von Eltern zunehmend skeptisch eingestellt. Einerseits fördert er Elternkurse, frühe Hilfen sowie Bildung, Betreuung und Erziehung in der öffentlichen Kindertagesbetreuung. Andererseits kontrolliert er aber auch die private Erziehung durch Vorsorgeuntersuchungen und Sprachstandserhebungen sowie durch ein dichteres Netz an erzieherischen Hilfen.

Die Institutionen der Kinder- und Jugendhilfe und die Fachkräfte sind heute verstärkt auf arbeitsfeldübergreifende Kooperationen angewiesen. Kinder- und Jugendhilfe findet zunehmend in Netzwerken statt, ob es sich um das neue Leistungsfeld der frühen Hilfen, um die Kindertagesbetreuung, die Hilfen zur Erziehung oder die Jugendsozialarbeit handelt. (...) Ohne ein Denken über Zuständigkeitsgrenzen hinaus, lässt sich effektive Hilfe kaum verwirklichen. (Trede 2013, S. 9)

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