Sport und Fair Play

Sport und Gewalt

Sport ist Bewegung. Menschen sind Bewegungswesen. Sie benötigen ihren Körper jedoch nicht nur zur Fortbewegung, sondern sie sind auch Körper, der sich durch Emotionen bewegen lässt. Wahrnehmen, Begreifen und Erfahren sind körperbezogene Tätigkeiten, wenngleich die wahrgenommenen Impulse dann im Gehirn weiterverarbeitet werden.

Die Körperlichkeit pendelt in der modernen Welt zwischen Kultobjekt und Vernachlässigung, wobei der Körper immer auch zur Selbstdarstellung und zum Selbstausdruck verwendet wird. Körper- und bewegungsbezogene Konzepte der Gewaltprävention durch Sport gewinnen zunehmend an Bedeutung (vgl. Jäger 2008, S. 61 ff.). Sie sollen jungen Menschen neue Perspektiven aufzeigen und das Abrutschen in Delinquenz verhindern (vgl. Günther 2006). Dabei sollen Kinder und Jugendliche auf der Beziehungsebene durch Sport erreicht werden. Sport soll ihnen ermöglichen, Grenzen auszutesten, Regeln akzeptieren zu lernen und Fairness zu praktizieren. Aggressionen und motorischer Bewegungsdrang können „gesteuert“, vorhandene körperliche Fähigkeiten eingesetzt und Schwellenängste abgebaut werden. Das Selbstwertgefühl kann gestärkt werden, Eigenverantwortung und Selbstständigkeit werden stimuliert. Dies gelingt um so besser, da Sport für viele Jugendliche Ausdruck eines Lebensgefühls ist.

Fachleute bezweifeln jedoch, dass diese Annahmen der universalpräventiven Wirkung von Sport so zutreffen. Denn Sport alleine kann diese Wirkungen nicht erreichen. Er ist auf ein sinnvolles, langfristig angelegtes pädagogisches Gesamtkonzept und auf die Vernetzung mit dem sozialen Umfeld angewiesen, um sein Potenzial entfalten zu können (vgl. Pilz 2002). Dann allerdings kann der Beitrag des Sports zur Gewaltprävention beachtlich sein.

Stillsitzen „Stillsitzen ist die Voraussetzung für das Lernen, Konzentration hängt von körperlicher Unbeweglichkeit ab, der Geist kann sich erst dann voll entfalten, wenn der Körper stillgelegt ist.“ Wie vielen solcher Vorurteile begegnen Kinder, wenn sie in die Schule kommen?
Renate Zimmer: Bewegung, ein grundlegendes Element der Erziehung und Bildung. Kongress „Gute und gesunde Schule“. 15.-16.11.2004, Forum 6.

Gewalt im und durch Sport

Fachleute, wie z.B. der Sportsoziologe Gunter A. Pilz weisen mit Recht darauf hin, dass der Zusammenhang zwischen Sport und Gewalt komplex sei und dass Sport selbst eine Vielzahl von Gewaltphänomenen produziere.

Problematisch ist z.B., wenn vermittelt wird, dass es im Interesse des Erfolges durchaus richtig und wichtig sei, Regeln zu verletzen. Foulspiel und Doping sind Beispiele für die z.T. menschenverachtende Doppelmoral im Sport, dessen ethischen Werte zwar grundsätzlich vorbildlich sind, sich in der Praxis jedoch vielfach als Worthülsen erweisen.

Gewalt in der Gesellschaft und im Sport sind zwei Seiten einer Medaille. Ohne Frage liegt auch beim Sport der Fokus der öffentlichen Wahrnehmung zunächst auf Formen der direkten Gewalt. „Geil auf Gewalt“, dieser deutsche Titel des Klassikers von Bill Buford (1991) über Erfahrungen mit Hooligans ist dafür Programm. Doch diese Sichtweise greift zu kurz. Es müssen auch die strukturellen und kulturellen Gewaltpotenziale bzw. die diesbezüglichen Ursachen und Voraussetzungen identifiziert und zum Gegenstand der Auseinandersetzung gemacht werden. Die Ursachen sind vielfältig: Abbau von Frustrationen, das Gefühl von Macht und Stärke, aber auch von Ohnmacht, Provokation, gruppendynamische Prozesse, Enthemmung durch Alkohol, zunehmende Verregelung, Stigmatisierung und Ausgrenzung gehören dazu (Busch 2008, S. 25). In Untersuchungen zum Zuschauerverhalten im Fußballsport wurde nachgewiesen, dass nach dem Erleben von Fußballspielen allgemein die Bereitschaft zu aggressiven Handlungen ansteigt. Mehr noch, vor allem bei Spielen, in denen es sehr hektisch zuging, bei Spielen mit vielen Fouls, mit gelben und roten Karten steigt die Gewaltbereitschaft der Zuschauer signifikant an (Pilz 1999,
S. 130).

Grundlegende Effekte von Bewegung und Sport

  • Die Entwicklung von Selbstwertgefühl unterstützen, zum Aufbau eines positiven Selbstkonzeptes und einer realistischen Selbsteinschätzung beitragen;
  • Den eigenen Körper wahrnehmen und achten, zur Ausbildung von Bewegungsgewohnheiten und Einstellungen und damit auch zu einer gesunden Lebensführung anregen;
  • Eine Sensibilisierung der Wahrnehmungsfähigkeit erreichen, die Sinne schulen und zu einer ästhetischen Bildung beitragen; auf diesem Wege neue Perspektiven der Selbst- und Weltwahrnehmung entdecken;
  • Strategien der Problemlösung und Konfliktbearbeitung kennen lernen und in sozialen Situationen anwenden;
  • Sich in Frustrationstoleranz üben, Durchhaltevermögen steigern, mit Misserfolgen umgehen lernen;
  • Toleranz gegenüber fremden Kulturen, anderen Wertmaßstäben und heterogener Leistungsfähigkeit entwickeln;

Eine gute und gesunde Schule darf nicht auf die Chancen verzichten, die sich hinsichtlich der Bildung dieser allgemeinen, z.T. aber für das überleben in der Gesellschaft notwendigen Kompetenzen durch die bewusste Einbeziehung von Bewegung, Spiel und Sport im Lern- und Lebensraum Schule ergeben.

Renate Zimmer: Bewegung, ein grundlegendes Element der Erziehung und Bildung. Kongress „Gute und gesunde Schule“. 15.-16.11.2004, Forum 6.

Sport und Fair Play

Sondermoralen im Sport:

1. Die offizielle Binnenmoral des Hochleistungssports, deren zentrale Bestandteile das Fairness-Postulat und die Kodifizierung im Regelwerk sind.

2. Die „subversive, notwendigerweise intransparent und geheim bleibende Untergrundmoral“ im Sinne der rücksichtlosen Durchsetzung des eigenen Codes. Doping, Betrug und Täuschung sind Ausdruck dieser Teilmoral, die auf Rücksichtnahmen verzichtet.

3. Die nach außen gerichtete Umweltmoral, die Maßnahmen der Untergrundmoral kritisiert und sanktioniert.
Karl-Heinz Bette: Körperspuren. Zur Semantik und Paradoxie moderner Körperlichkeit. Berlin 1989, S. 199 f.

In einem Report des Bundesverbandes der Unfallkassen wird festgestellt, dass im Jahr 2003 über ein Fünftel aller aggressivitätsbedingten Unfallverletzungen in der Schule auf den Sportunterricht entfielen. Innerhalb des Sports bilden die Ballspiele mit 60 Prozent einen entsprechenden Schwerpunkt, wobei die meisten aggressiven Verhaltensweisen während des Fußballspiels zu beobachten waren. In der Unfallstatistik wird jede Schülerin und jeder Schüler erfasst, die/der infolge tätlicher Auseinandersetzungen so verletzt wurde, dass ärztliche Behandlung in Anspruch genommen werden musste (vgl. Bundesverband 2005, S. 7).

Dimensionen des Sports

  • Naturale Dimension: Die naturale Dimension bezieht sich auf die Tatsache, dass Menschen im sportlich-spielerischen Tun in Form eines Bewegungshandelns in Raum und Zeit ihrem eigenen Körper begegnen. Wichtiger Maßstab und wichtiges Ziel dieses Bewegungshandelns sind Gesundheit und Unversehrtheit.
  • Personale Dimension: In der personalen Dimension wird auf die Erkenntnis verwiesen, dass Sport der Entfaltung der persönlichen Würde dient und Ausdruck menschlicher Kreativität und Gestaltungskraft ist. Hier begegnet der Mensch sich selbst in der Einheit von Körper, Seele und Geist.

Soziale Dimension: In der sozialen Dimension wird zum Ausdruck gebracht, dass sich im Sport Menschen begegnen, Zusammenspiel und Wettkampf, Kooperation und Konkurrenz in ihm zusammen gehören. Gunter A. Pilz : Gewaltprävention durch Sport – aber wie? Hannover

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